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Schwebfliege imitiert Honigbiene

Reingefallen: Mimikry bei Schwebfliegen

Mit zuverlässiger Regelmäßigkeit sieht man Fotos zu medialen Beiträgen über Honigbienen, auf denen bei genauerem Hinsehen Fliegen anstatt Bienen abgebildet sind. Dass auch Kennern eine solche Verwechselung passieren kann, spricht für den Erfolg der von der Natur beabsichtigten Täuschung. Was steckt dahinter?

Jürgen Tautz
Bienenexperte und bee careful Kooperationspartner Prof. Dr. Tautz

Dem englischen Naturforscher Henry Walter Bates (1825 - 1892) war im Amazonas-Urwald beim Sammeln von Schmetterlingen aufgefallen, dass er sehr häufig Schmetterlinge falschen Schmetterlingsfamilien zuordnete, weil sie zum Verwechseln ähnlich waren. Ihm fiel auch auf, dass die eine Gruppe der ähnlichen Falter gerne von Vögeln gefressen wurde, während die andere nie gejagt wurde. Seine Überlegung dazu: Wenn harmlose, den Vögeln offenbar gut schmeckende, Schmetterlinge genau so aussehen wie die übel schmeckenden, werden auch sie von den Vögeln in Ruhe gelassen, da auch die Vögel die Falter nicht auseinanderhalten können. Die Nachahmer haben durch die Täuschung also einen gewaltigen Vorteil.

Das zugrunde liegende Phänomen nennen wir heute, nach dessen Entdecker benannt, die Batessche Mimikry. Harmlose Tiere ahmen in ihrem Aussehen und manchmal auch im Verhalten wehrhafte und ungenießbare Tiere nach. Auch unter unseren einheimischen Insekten gibt es Fälle von Mimikry, auf die nicht nur die Vögel hereinfallen (siehe Bild).

Verblüffende Ähnlichkeiten: Wie entsteht eine Mimikry?

Um eine Batessche Mimikry im Laufe der Evolution entstehen zu lassen, sind die folgenden Bausteine notwendig:
- Es muss ein wehrhaftes/giftiges/schlecht schmeckendes Vorbild geben.
- Es muss einen harmlosen Nachahmer geben.
- Es muss lernfähige Räuber geben.

Am Anfang der Entwicklung hin zu einer Mimikry sind Vorbild und Nachahmer noch recht unterschiedlich. Treten durch eine Mutation Formen auf, die dem Vorbild etwas ähnlich sind, werden sie von einigen Räubern verwechselt, die mit den wehrhaften Vorbildern bereits schlechte Erfahrungen gemacht haben. Schlechte Erfahrungen merken sich die Räuber und werden künftig versuchen, diese zu vermeiden. Sie müssen sich bei ihrer Jagd sehr schnell entscheiden, ob sie zupacken sollen oder nicht. Dabei passieren Fehler, sie lassen hin und wieder auch noch nicht perfekt ausgebildete Nachahmer in Ruhe. Hat diese Entwicklung erst einmal begonnen, werden die Nachahmer den Vorbildern immer ähnlicher, da es unter den harmlosen Nachkommen der anfänglichen Formen auch immer wieder Mutationen geben wird, die dann dem Vorbild noch ein klein wenig ähnlicher sind.

Eine solche Evolution hin zu einer Batesschen Mimikry kann allerdings nur dann stattfinden, wenn es in der Natur mehr wehrhafte Vorbilder als nicht-wehrhafte Imitatoren gibt. Wäre es andersherum, wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein Räuber als sein erstes Beutetier im Leben auf ein gut schmeckendes Exemplar trifft und dann lernt, dass man gut schmeckt, wenn man genauso aussieht. Das wäre sehr zum Nachteil von Nachahmer und Vorbild, es könnte keine Mimikry entstehen.

Schwebfliegen, die Wespen oder Bienen imitieren

So wie geschildert, war es auch bei der Entstehung von Schwebfliegen, die Wespen oder Bienen nachahmen. Singvögel haben mit Honigbienen als Beute häufig schlechte Erfahrungen gemacht (nur wenige Vogelarten können die Stachel erbeuteter Honigbienen entfernen), davon haben Fliegen profitiert, die Vögel im raschen Flug mit Bienen verwechselt und sie somit in Ruhe gelassen haben. Ist der erste Schritt einer Verwechslung erst einmal passiert, endet die weitere Evolution ganz automatisch bei Insekten, die selbst von Fachleuten leicht verwechselt werden können.

In Zeitschriftenbeiträgen und auf Internetplattformen tauchen immer wieder Fotos wie in unserem Titelbild auf, auf denen eigentlich eine Honigbiene gezeigt werden soll, man aber bei genauem Hinsehen die Fliege erkennt. Schwebfliegen der Gattung Eristalis ahmen häufig in ihrem Erscheinungsbild Wespen oder wie hier Honigbienen nach.

Titelbild: Schwebfliege Eristalis tenax. Foto: Dieter Mahsberg

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