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Ventilatorbiene im Sommer

Die raffinierte Klimatechnik der Honigbienen

Ein Bienenstock verfügt über einen ausgeklügelten Kühl- und Heizmechanismus. Dieser sorgt nicht nur für ein gutes Klima im Bienenstock, sondern spielt auch beim Aufzug des Nachwuchses eine wichtige Rolle. An heißen Sommertagen hat die Biene ihre ganz eigenen Tricks, um sich gegen Hitzewellen zu wappnen, aber auch der Mensch kann ihr dabei unterstützend helfen.

Honigbienen sind in der Lage, die Temperatur in ihrem Stock präzise genau zu regulieren. Einen Hinweis darauf, wie dieser komplexe Kühl- und Heizmechanismus funktioniert, liefern Forschungsergebnisse der australischen Forscherin Julia Jones und Team an der University of Sydney in der Online-Ausgabe des Fachmagazins „Science“.
Die Aufrechterhaltung einer Temperatur zwischen 32 °C und 36 °C innerhalb des Stocks ist für die Bienen in den Frühlings- und Sommermonaten überlebenswichtig. In dieser Zeit entwickelt sich der Nachwuchs und schlüpft aus den Eiern. Schaffen es die Bienen nicht, den Stock zu temperieren, so kann dies zu Störungen in ihrer Entwicklung führen. Während ausgewachsene Bienen sogar extrem heißen Temperaturen bis zu 50 °C standhalten können, kann die Hitze für die Larven gefährlich werden.

Das bestätigen auch die Arbeitsgruppen des Neurobiologen Wolfgang Rössler und des Verhaltensbiologen Jürgen Tautz vom Biozentrum der Uni Würzburg in einer Ausgabe der US-amerikanischen Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences). Erforscht wird der Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Bienengehirns während der 10- bis 12-tägigen Puppenphase und der Temperatur in der Beute. Schaffen es die Bienen nicht, die Bruträume auf mittlere Temperaturen um die 35 °C zu temperieren, so kann dies zu Störungen in der Entwicklung des Nachwuchses führen, die sich in einer Beeinträchtigung im Lernverhalten und der Kommunikationsfähigkeit der Jungbienen äußern.

Die Strategien der Biene gegen hohe Temperaturen

Im Sommer beträgt die Bienenstocktemperatur um die 35 °C und im Winter um die 20 °C. Sinkt die Temperatur, so sammeln sich die Arbeiterbienen um die Brut und erzeugen durch eine Vibration der Muskulatur Körperwärme.
Doch wie verhält sich ein Bienenvolk, wenn die Temperaturen in heißen Sommern auf unerbittliche Rekordtemperaturen klettern? Steigt die Temperatur in der Beute an, so verteilen sich die Arbeiterinnen vor dem Eingang des Nestes und verwenden ihre Flügel dazu, die warme Luft aus dem Stock zu fächern. Dabei können bis zu 7.200 Flügelschwingungen pro Minute erreicht werden. Das australische Forschungsteam um Julia Jones fand heraus, dass die dafür zuständigen Bienen ein individuelles Thermostat besitzen, welches in ihrem Erbgut verankert ist. Damit wird verhindert, dass alle Bienen das gleichzeitige Fächern beginnen und die Stock-Temperatur zu stark absinkt. Zugute kommt diesem Kühlmechanismus außerdem eine hohe genetische Diversität innerhalb der Kolonie. So lässt sich beobachten, dass Bienen von unterschiedlichen Vätern die Kühlarbeit bei unterschiedlichen Temperaturen aufnehmen und die Temperatur so konstant gehalten werden kann.

Und noch einen Trick haben die Bienen, um gegen die zu hohen Temperaturen anzukommen. Ist die Temperatur zu hoch, versprengen Sammelbienen Wasser auf die Waben und sorgen durch Flügelfächern für Luftdurchzug. Die Verdunstung des Wassers wirkt kühlend.
An gut entwickelten Bienenvölkern lässt sich im Sommer das Phänomen des sogenannten „Bienenbartes“ beobachten. Dabei versammeln sich tausende Bienen am Flugloch des Bienenstocks zu einer Traube. Das Verlassen des Stocks durch einige Bienen hat zur Folge, dass im Inneren mehr Luft und Platz zum Ventilieren und Kühlen entsteht. Die Bienen halten sich auf dem Flugbrett auf, um vor allem im Inneren des Bienenstocks keine zusätzliche Wärme durch ihre Körpertemperatur zu erzeugen. Eine Bienentraube sollte nicht angefasst und nicht gestört werden.

Kann der Mensch der Biene „helfen“?

Ein ausgewachsenes Bienenvolk ist durch das perfekt ausbalancierte Zusammenspiel innerhalb des Volkes auch gegen zu hohe und zu niedrige Temperaturen gut gewappnet und benötigt in der Regel keine Hilfe durch den Menschen, um das Fortbestehen des Volkes zu sichern. Für junge Bienenvölker, die noch nicht viele Waben gebaut haben, können Hitzewellen jedoch problematisch werden. Schaffen es die Bienen nicht, die Temperatur im Stock zu senken, so erwärmt sich das Wachs, und es besteht die Gefahr, dass die Waben abreißen. Hier ist Vorsicht geboten.

Wer sein Bienenvolk an heißen Tagen unterstützen möchte, kann den Bienen über eine Bienentränke einen nahen Zugang zu einer Wasserquelle anbieten. Zusätzlich kann darauf geachtet werden, dass die Bienenkiste beschattet wird und nicht in der prallen Mittagssonne steht. Das Flugloch sollte zudem über die gesamte Breite geöffnet sein.

Der Bienenstock sollte bei hohen Temperaturen nicht geöffnet werden. Wird die Kiste nach einer Hitzeperiode das erste Mal geöffnet, so sollte der Boden vorsichtig abgenommen werden. Gegebenenfalls ist es auch ratsam, von der Rückseite her zu prüfen, ob die Waben bereits auch am Boden angebaut worden sind. Ein unachtsames Öffnen kann dazu führen, dass die Waben abreißen. Dem kann entgegengewirkt werden, indem die Waben von hinten, beispielsweise mit einem langen Messer oder dünnen Draht, vom Boden getrennt werden.

Die Möglichkeit, diese Klimatechnik der Honigbiene live zu beobachten, bietet sich Interessierten auf dem Gelände der Schwartauer Werke in Bad Schwartau/Ostholstein. Nähere Informationen zur Forschungsstation gibt es hier.

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