wave

Filtere deine Suche

bee-careful-Bienenkoenigin-Ingo_Arndt

Wie hitzeempfindlich sind die Spermien von Honigbienen?

Honigbienen haben vor vielen Jahrmillionen die Samenbank erfunden. Gelagert werden die Spermien lediglich im Bienenkörper. Ob die Samen überleben, hängt stark von der Lagertemperatur ab. Durch die Jahreszeiten variiert diese teilweise stark. Doch welche Temperaturen sind für die Lebensfähigkeit der Spermien zu hoch?

Jürgen Tautz
Bienenexperte und bee careful Kooperationspartner Prof. Dr. Tautz

Jungfräuliche Königinnen erhalten auf dem einzigen Hochzeitsflug ihres Lebens einen Vorrat an Spermien – im Extremfall von bis zu dreißig Drohnen. Viele Millionen Spermien werden in der sogenannten Spermatheka (Samentasche) der Königin gespeichert und bleiben dort bis zu fünf Jahren am Leben sowie einsatzbereit. Das Frischhalten von Spermien über eine so lange Zeit ist keine Trivialität. Man denke nur an den technischen Aufwand, den der Mensch für das gleiche Ziel betreiben muss.

Wie für jedes tierische Gewebe und jeden Zelltyp gibt es eine Temperatur-Obergrenze, ab der die Zellen absterben. Spermien sind ganz besonders empfindlich, was in der Evolution zur Auslagerung der Hoden aus dem Körper männlicher Säugetiere führte. Die Spermien von Honigbienen sind nur für kurze Zeit im Körper der Drohnen vorhanden, werden dafür aber über viele Jahre im Körper der Königinnen gehalten. Sie sind hinsichtlich der Temperaturempfindlichkeit keine Ausnahme. Es gibt drei relevante Situationen, denen begattete Königinnen und Drohnen ausgesetzt sein können und in denen der Temperaturfaktor für die Vitalität der Spermien relevant ist.

Zum Ersten: das Leben im Bienenstock. Dort sorgt das Bienenvolk für eine Homöostase, eine fein geregelte Optimaltemperatur, die auch den Spermien in den Bienenkörpern eine günstige Umgebung garantiert. Untersuchungen haben gezeigt (McAfee et al. 2020), dass bei einer Dauertemperatur innerhalb einer Temperaturspanne zwischen 15 und 35 Grad Celsius etwa 90 Prozent aller Spermien überleben. Kurzfristige Kälte- bzw. Hitzewellen unter- oder oberhalb dieser Grenzen schaden nicht, wenn deren Ausprägung nicht zu groß ist – wie gleich besprochen wird. So ist die Temperatur, die im Bienennest im Sommer sowie Winter existiert, nie ein Problem für die Vitalität der Spermien.

Zum Zweiten: der postalische Versand lebender begatteter Königinnen. Dieses Vorgehen ist eine wesentliche Säule weltweiter Imkerpraxis. Solange sich die Körpertemperatur der Königin im angegebenen Toleranzbereich bewegt, ist nach allen vorliegenden Befunden auch da kein Problem bei den Spermien zu erwarten.

Zum Dritten: die Thermobehandlung (die sogenannte „Bienensauna“) als physikalische Methode zur Bekämpfung der parasitischen Varroamilbe. Das Problem, das es in der Praxis dabei zu lösen gilt, besteht im dichten Miteinander von Bienen und Milben, wobei die einen getötet und die anderen möglichst nicht geschädigt werden sollen. Der empfindlichste Zelltyp sind die Spermien in den Körpern der Königinnen und, sofern vorhanden, der Drohnen. Auf sie muss dabei das größte Augenmerk gerichtet werden.

Eine aktuelle Publikation aus diesem Jahr (Kablau et al. 2020) hat dazu Folgendes ergeben: Eine Temperatur im Inneren des Bienenstockes von 42 Grad Celsius über einee Dauer von drei Stunden tötet die Milben ab. Aber: Auch die Bienenbrut wird massiv betroffen. Senkt man die Temperatur im Inneren des Nestes um lediglich einen Grad Celsius auf 41 Grad ab, wirkt sie dennoch stark schädigend auf adulte Varroen, sodass deren Reproduktionszyklus unterbrochen wird. Dieses Resultat erhielten die Autoren auch noch bei 41 Grad Celsius über lediglich zwei Stunden Einwirkzeit. Bei einer derart kurzen aber „heißen“ Phase zeigt sich die Fertilität der Drohnen nicht beeinträchtigt. Man könnte daraus vorsichtig schließen, dass ein Auftreten derartiger Temperaturspitzen, auch beim Versand begatteter Königinnen, ohne Schadwirkung auf die Spermien bleibt. So ist zumindest dieser Aspekt in der Praxis des weltweiten Handels mit Honigbienenköniginnen nicht der kritischste Punkt.

Literatur:
Alison McAfee, Abigail Chapman, Heather Higo, Robyn Underwood, Joseph Milone, Leonard J. Foster, M. Marta Guarna, David R. Tarpy & Jeffery S. Pettis : Vulnerability of honey bee queens to heat-induced loss of fertility. Nature Sustainability volume 3, pages367–376(2020) DOIhttps://doi.org/10.1038/s41893-020-0493-x

Kablau, A., Berg, S., Härtel, S., and Scheiner, R. (2020) Hyperthermia treatment can kill immature and adult Varroa destructor mites without reducing drone fertility, Apidologie 51, 307–315

Abb. 1 im Teaser:
Honigbienenkönigin mit Hofstaat (Foto: Ingo Arndt)

Abonnieren Sie unseren Newsletter

*Pflichtfeld

Schreibe einen neuen Kommentar

Bisher gibt es keine Kommentare.

Bisher hat noch niemand einen Kommentar verfasst - Schreibe den ersten Kommentar