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Wann sind Bienen farbenblind?

Wann sind Bienen farbenblind? Ein Blick in die “Küche” der Bienenforscher

Durch kommunikative Tänze können Honigbienen sich untereinander mitteilen, wie weit die nächste Futterstelle entfernt ist. (Tautz 2021) Aber wie bestimmen sie die zurückgelegte Flugdistanz?

Jürgen Tautz
Bienenexperte und bee careful Kooperationspartner Prof. Dr. Tautz

Zunächst war man der Auffassung, dass die Biene die Distanz durch die für die Strecke aufgewendete Energie messen konnte. Doch später zeigte sich, dass Bienen Flugentfernungen über den sogenannten optischen Fluss bestimmen, also über die am Auge vorbeiziehenden Bilder der Umgebung. Das zeigten die Pionierarbeit von Esch und Burns (1996) und nachfolgende Arbeiten von Srinivasan, Esch, Tautz und anderen (2000, 2001, 2004).
Man konnte vermuten, dass eine derartige optisch basierte Entfernungsmessung im Vergleich zum Erkennen von Formen, Mustern und Gegenständen relativ wenig differenzierte Information aus der Umgebung aufnehmen muss. Es war deshalb nicht überraschend, als man feststellte, dass es ausschließlich die Farbe GRÜN ist, mit der Honigbienen ihren „Kilometerzähler“ betreiben.

Doch wie lässt sich in einem Experiment überhaupt feststellen, auf welche Farben die Bienen zur Streckenmessung achten?

Trainiert man Sammelbienen, auf ihrem Weg zu einer künstlich eingerichteten Futterstelle durch einen engen Tunnel zu fliegen, so zeigen sie nach der Rückkehr in den Stock ihren Nestgenossinnen im Schwänzeltanz eine Flugentfernung an. Diese entspricht aufgrund der optischen Täuschung im Tunnel einem Vielfachen der wahren Flugdistanz.
Setzt man anstelle eines einfachen Schwarz-Weiß-Musters unterschiedlich kombinierte Farben ein, kann man testen, welche Farben zur Entfernungsmessung genutzt werden. Es zeigt sich, dass es ausschließlich der Grünkontrast in der gesehenen Umgebung ist, der die Information über die von der Biene subjektiv wahrgenommene Flugstrecke liefert (Chittka & Tautz 2002). Nur bei Vorhandensein eines Grünkontrastes zeigen die Sammelbienen Schwänzeltänze, haben also den Eindruck, weit geflogen zu sein. In der Strecken-Schätzung ist die Biene farbenblind.
Das ergibt aus einer einfachen Überlegung auch sehr viel Sinn: GRÜN ist in ihrer natürlichen Bienenumgebung die häufigste Farbe, sodass es nicht verwunderlich ist, dass Bienen zur Streckenmessung andere Farben ausblenden.

Legende:
Ein schmaler, nur wenige Meter langer Tunnel als Flugstrecke zwischen Bienenstock und Futterplatz. Werden dessen Wände mit unterschiedlichen Farbmustern ausgekleidet, zeigt sich, dass lediglich die Farbe GRÜN der Entfernungsmessung dient.

Literatur:
Esch H, Burns JE: Distance estimation by foraging honeybees.
The Journal of Experimental Biology 199, 155–162 , 1996.

Srinivasan, M.V., S.W. Zhang, S.W., Altwein,M. and J. Tautz: Honeybee navigation: nature and calibration of the “odometer”.
Science 287, 851-853, 2000.

Esch,H., Zhang,S., Srinivasan, M. & J.Tautz: Honeybee dances communicate distance by optic flow.
Nature 411, 581-583, 2001.

Chittka, L., Tautz, J.: The spectral input to the honeybee visual odometry. Journal of Experimental Biology 206, 2393-2397, 2002.

Tautz, J.: Die Sprache der Bienen, Knesebeck 2021.

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