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Die Sprache der Bienen

Die Sprache der Bienen

Die Staaten der Honigbienen können als Superorganismen sämtliche anfallenden Aufgaben zeitgleich erledigen. Damit dabei nichts schiefgeht, spielt die Kommunikation eine große Rolle. Doch wie funktioniert der Austausch untereinander eigentlich?

Jürgen Tautz
Bienenexperte und bee careful Kooperationspartner Prof. Dr. Tautz

Nahrungsbeschaffung, Brutpflege, Verteidigung, Paarung und alle weiteren Fähigkeiten, die einzeln lebende Tiere nur nacheinander erledigen können, schaffen Honigbienen gleichzeitig. Möglich wird dies durch die Arbeitsteilung zwischen den Mitgliedern der Kolonie. Für einen sinnvollen sowie geordneten Ablauf der Arbeiten muss jede Biene wissen, WAS sie WANN, WO und in welchem UMFANG tun soll. Ein wesentlicher Teil dieses Wissens basiert auf der Kommunikation, dem Austausch von Informationen zwischen den Bienen.

Die berühmteste Erscheinung in der Verständigung zwischen Bienen ist die sogenannte Tanzsprache. Dabei sorgen erfahrene Bienen durch einen Tanz dafür, dass interessierte Rekruten zu der Futterstelle gelangen, die von ihnen entdeckt wurde.

Bereits sehr früh in der Erforschung der „Sprache der Bienen“ machte der Altmeister der Bienenforschung, der österreichische Zoologe Karl von Frisch, zwei entscheidende Entdeckungen. Er schrieb darüber „Je länger eine Biene auf den Waben getanzt hat, je eifriger sie also um Neulinge geworben hat, desto ergiebiger erfolgt auch im Allgemeinen bei ihrer Rückkehr zum Futter das „Beduften“ des Platzes“ (von Frisch 1923, S. 161).

Und weiter „… wurde die nun spärliche Tracht weiter gesammelt, … unterblieben die Tänze im Stock und es unterblieb das Ausstülpen des Duftorganes beim Befliegen der Blüten“ (von Frisch und Rösch 1926, S. 4 f.).

Von Frisch sah also im Stock die Tänze der Bienen und am Zielort die Brauseflüge, die das Ziel beduften. Er erkannte auch den Zusammenhang zwischen beiden Verhaltensweisen: Es waren dieselben Bienen, die sich im Stock und am Ziel um die Rekruten bemühten. Es blieb komplett verborgen, was sich auf der Strecke zwischen Bienenstock und Ziel abspielte.

In den folgenden Jahrzehnten der Bienenforschung wurde das Augenmerk so gut wie ausschließlich auf die Vorgänge im Bienenstock gerichtet. Im Feld kann man beobachten, dass die Bienen, die im Stock einer Tänzerin gefolgt waren, punktgenau am beworbenen Ziel eintreffen. Und da sich aus der Vermessung vieler Tänze recht genau die Position eines Zieles berechnen lässt, wurde den Tänzen zugesprochen, die Koordinaten eines Zieles so wiederzugeben, dass danach die Rekruten das Ziel selbstständig finden.

Durchforscht man die enorme Fülle an Arbeiten über den Bienentanz aus den letzten 100 Jahren, lässt sich ein alternatives Bild zeichnen. Dabei finden auch solche Beobachtungen, Daten und Vorstellungen problemlos ihren Platz, die bisher eher zu Unklarheiten oder sogar Widersprüchen führten. So wird das Auffinden eines Zieles durch Bienenneulinge als Fernorientierung gesehen.

Starten Tiere zu einem Ziel, das sie beim Aufbruch weder sehen noch riechen oder hören können, liegt Fernorientierung (Navigation) vor. In diesem Konzept finden die Bienentänze und ihre Botschaften ihren Platz in der ersten von drei Stufen zum Ziel. Folgen Neulinge den Angaben der Tänze, gelangen sie in ein Suchareal, der zweiten Stufe der Fernorientierung. Stoßen sie dort auf die erfahrenen Bienen, die im Stock tanzten und nun auf dem Weg zum Ziel sind, ist deren Lockverhalten in der dritten Stufe, der Annäherung an das Ziel, ebenso zielführend wie die Düfte der Blüten.

Ein neues Buch (Jürgen Tautz: Die Sprache der Bienen) fasst auf 256 Seiten die Erforschung der Bienensprache der letzten 100 Jahre zusammen und ordnet Entscheidendes zu einem schlüssigen Gesamtbild über das Wissen und Nichtwissen. Eine Leseprobe der ersten 42 Seiten des Buches wird angeboten als Blick ins Buch.

Literatur:
Frisch, K. v.: Über die ≫Sprache≪ der Bienen. Zool. Jb., Abt. allg. Zool.
u. Physiol. 40, 1–186, 1923
Frisch, K. v., & G. A. Rosch: Neue Versuche über die Bedeutung von
Duftorgan und Pollenduft für die Verständigung im Bienenvolk.
Z. vergl. Physiol. 4, 1–21, 1926.

Abb. 1 im Teaser:
Cover des Buches: Die Sprache der Bienen

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