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Die Geschichte von Minen-aufspürenden Bienen

Vor vielen Jahren hatte eine Boulevard-Zeitung einmal über Minen-aufspürende Bienen geschrieben und groß getitelt: „Summ Summ Bumm“. Seitdem wird der Mythos von Bienen als Munitionsbergungsdienst regelmäßig aufgenommen, wenn Medienhäuser ihre Titel im Sommerloch mit News füllen müssen. Die Annahme, dass Bienen Minen aufspüren können, ist auch immer wieder Grundlage neuer Forschungen. Doch ist das überhaupt möglich?

Jürgen Tautz
Bienenexperte und bee careful Kooperationspartner Prof. Dr. Tautz

Die Idee, mithilfe dressierter Honigbienen Landminen und andere gefährliche Objekte lokalisieren zu können, scheint seit diesem Artikel nicht mehr aus der Welt zu schaffen zu sein. Die Basis für dieser Annahme begründet sich in zwei Aspekte. Erstens: Honigbienen teilen sich über den Bienentanz die genaue Lage auch weit entfernter Orte mit. Zweitens, lernen Honigbienen rasch und nachhaltig für sie relevante Düfte kennen und zu unterscheiden – normalerweise sind dies Blütendüfte. Der daraus resultierende Gedanke ist demnach bestechend: Haben Honigbienen gelernt, den Geruch von TNT – einem Sprengstoff – mit Futter zu verbinden, so finden sie in der Umwelt verborgene Quellen dieses Geruches, ähnlich wie Sprengstoff-Spürhunde. Anschließend locken sie weitere Sammelbienen durch den berühmten Schwänzeltanz dorthin.

In der Theorie muss nun nur noch die Tanzinformation, die Vektorangabe zum Zielpunkt, durch einen Experten ausgelesen werden und es wird klar, wo die Biene den Sprengstoff gefunden hat. Oder es wird geschaut, wo im Feld sich mehrere rekrutierte Bienen räumlich konzentriert versammeln. Auch so wird deutlich wo die dressierte Biene eine vergrabene Landmine entdeckt hat. Doch ganz so einfach ist es nicht.

Richtig ist: Honigbienen haben, wie viele Insekten, einen überragend empfindlichen Geruchssinn. Ermöglicht durch viele tausend Sinneszellen auf den beiden Fühlern am Kopf der Bienen, sind diese für Düfte so empfindlich wie Spürhunde. Bienen leben in einer Duftwelt, die wir Menschen mit unseren dafür groben Sinnen nicht nachvollziehen können. Normalerweise sind es die Blütendüfte und Kommunikations-Botenstoffe, die für Honigbienen interessant sind. Und weil es mehr als 100.000 unterschiedliche Blütendüfte gibt, auf die die Bienen treffen könnten, hat die Natur die Bienen mit einer überragenden Lernfähigkeit für Düfte ausgestattet. Einmal auf einer Glockenblume gelandet, vergessen die Bienen diesen Duft nie mehr, wenn sie dort auf Nektar gestoßen sind. Dieser kommt für die Biene einer Belohnung gleich. Bereits die alten Griechen wussten, dass sich Honigbienen nach Düften richten und die moderne Verhaltensforschung hat uns geholfen, zu verstehen, wie einfach Bienen auch auf nicht-natürliche Düfte dressierbar sind – und somit theoretisch auch auf Sprengstoffdüfte. So kann in einem Versuch eine Belohnung in Form eines Zuckerwassertropfens mit jedem beliebigen Duft verbunden werden. Die Biene merkt sich diesen Duft wie einen Blütenduft.

Was ist nun also mit der Idee, derart dressierte Bienen draußen im Feld nach Landminen (TNT-Duft) suchen zu lassen?Aus Sicht eines Bienenbiologen wird hier mit zuviel Optimismus herangegangen. Man stelle sich einmal die Biene im Feldeinsatz vor: Falls in dem Gelände, in dem die Bienen nach Minen suchen sollen, irgendetwas bienenattraktiveres – wie Blüten oder bei Bedarf auch Wasser – zu finden ist, wird auch der Nichtfachmann vorhersagen können, was passieren wird. Da natürliche Blütendüfte für futtersuchende Bienen unwiderstehlich sind, werden sie diese bevorzugt ansteuern. Es darf daher auf keinen Fall eine Blüte in der Gegend sein, in der die Minen vermutet werden und die Bienen suchen sollen. Mindestens ebenso gravierend ist die Tatsache, wenn auch noch immer nicht von jedem Bienenbiologen akzeptiert, dass die Interpretation der Tanzinformation höchst ungenau ist (Tautz 2014) und somit wenig hilfreich ist für die Lokalisierung eines genauen Ortes im hier besprochenen Zusammenhang. Hinzukommt, dass eine Sammelbiene erst dann zu tanzen beginnt, wenn sie eine bestimmte attraktive Futterquelle fünf bis zehn Mal hintereinander besucht hat. An einer Mine findet sie nichts, keine Pollen und auch keinen Nektar. Sie wird dort nicht wiederholt hinfliegen und schon gar nicht zu tanzen beginnen.

Bienen sind für uns Menschen unverzichtbare Helfer, aber leider nicht für „Summ Summ Bumm“.

Literatur:
J.Tautz: Die Erforschung der Bienenwelt. Neue Daten – neues Wissen. Audi-Stiftung, Ingolstadt, 2014.

Abb. 1 im Teaser: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des Kopfes einer Bienenarbeiterin
(Foto: S. Diller – http://www.stefan-diller.com/ )

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