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bee-careful-Kolumne-Februar-2019

Das Brutnest als Treibhaus

Honigbienen regeln die Brutnesttemperatur für das Puppenstadium sehr stabil auf circa 35 Grad Celsius. Besonders spannend ist dabei, welchen physikalischen Regeln die Wärmeübertragung folgt und wie die Wärme gespeichert wird.

Jürgen Tautz
Bienenexperte und bee careful Kooperationspartner Prof. Dr. Tautz

Die Honigbienen setzen dafür zwei unterschiedliche Verhaltensstrategien ein: Entweder pressen Heizerbienen ihren warmen Brustkorb auf verschlossene Puppenzellen (Bujok et al. 2002) oder sie stecken ihren Kopf in leere Zellen des Brutnestes (Kleinhenz et al, 2003), was zu einer viel effektiveren Nutzung der Bienenwärme führt. Durch diesen Prozess geben die Heizerbienen ihre Wärme an die umliegenden und an die auf der Gegenseite der Wabe liegenden Zellen ab. Dabei erreichen die Heizerbienen Körpertemperaturen von bis zu 41° C. Die Puppen in den beheizten Zellen werden bis auf 35° C erwärmt. Haben die Heizerbienen die leeren Zellen verlassen, sind die Puppen in dieser Zeit selbst Wärmequellen.

Es stellen sich zwei Fragen: Welchen physikalischen Übertragungsweg der Wärme setzen die Bienen ein und wie kann ein rasches Auskühlen einzelner Zellen gebremst werden?

Eine Wärmeübertragung von den Heizerbienen auf die Puppen kann grundsätzlich auf zweierlei Weisen geschehen: Durch Wärmeleitung über die Wachswände und durch Wärmestrahlung. Beide Größen wurden von Marco Kleinhenz im Zuge seiner Doktorarbeit (Kleinhenz, 2008) mit Unterstützung des Bayerischen Zentrums für Angewandte Energieforschung e. V. (ZAE) in Würzburg vermessen.

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Schema des Treibhauseffektes im Brutnest der Honigbienen. Puppen werden durch benachbarte Heizerbienen erwärmt (roter Pfeil). Sie selbst geben von dieser so erhaltenen Wärme wiederum Wärme mit etwas niedrigerer Temperatur an ihre Umgebung innerhalb der Zelle ab (rosafarbiger Pfeil). Die physikalischen Eigenschaften der Wachswände begünstigen eine Speicherung der Wärme in den Zellen (gelber Pfeil - Treibhauseffekt) (Abb. nach Heilmann/Tautz aus Tautz 2015).

Für die Wärmeleitfähigkeit von Wachs erhielt er dabei Werte von 0,15 Watt / Meter (m) x Grad Kelvin (K), ein Wert, der mit massivem Holz vergleichbar ist (der Wert für Holzfaserdämmplatten liegt bei 0,05 W / m x K, der Wert für Stahl liegt um die 50 W / m x K). Wachs isoliert somit sehr gut, dessen Wärmeleitfähigkeit ist demnach zur Wärmeübertragung über die Wabe nicht gut geeignet.
Sehr viel besser steht es um die Durchlässigkeit der Wände der Wabenzellen für Wärmestrahlung. Deren Details eröffnen sogar die spannende Möglichkeit eines Treibhauseffektes im Brutnest.

Der Treibhauseffekt tritt immer dann auf, wenn die Durchlässigkeit von Materialien und Gasen für Strahlungen unterschiedlicher Wellenlängen abhängig von der Wellenlänge der Strahlung ist. Im langwelligen Bereich ist Strahlung gleichbedeutend mit Wärme, sodass durch den Treibhauseffekt ein Raum für die Einstrahlung zu einer Wärmefalle werden kann, aus dem es keine oder nur eine geringe Ausstrahlung gibt. Bei den Temperaturen, wie sie auf der Erde normalerweise auftreten, liegt das Maximum der Strahlungswellen im infraroten Bereich und ist somit für unser Auge und das der Biene nicht sichtbar.

Die Durchlässigkeit eines Materials für Wärmestrahlung wird mit einer Apparatur gemessen, deren Kernstück die sogenannte Ulbrichkugel ist. Die Strahlenführung des Apparats erlaubt es, zu bestimmen, welche Wellenlängen die Probe, hier die Wachswände, durchdringen und welche nicht.
Für den Temperaturbereich 30 – 45° C, der die im Brutnest auftretenden Temperaturen und die dadurch festgelegten Wellenlängen der Wärmestrahlung beinhaltet, ergab sich ein höchst interessantes Spektrum der Durchlässigkeit (Transmission) der seitlichen Zellwände einer Brutwabe für Wärmestrahlung unterschiedlicher Wellenlängen und damit unterschiedlicher Temperaturen.

Die Schlussfolgerung aus den Messungen: Alle Bausteine zum Auftreten des Treibhauseffektes im Brutnest sind vorhanden. Die Heizerbienen sind wärmer als die Puppen, geben also Wärme in Richtung Puppen ab. Die Puppen, die aufgewärmt werden, sind selbst wiederum Wärmequellen, allerdings bei niedrigerer Temperatur als die Heizerbienen. Ihre Wärmestrahlung ist langwelliger als die der heizenden Bienen. Die Transmissionskurven des Wachses weisen im relevanten Frequenzbereich, und damit bei den Temperaturen im Brutnest, sehr dicht beieinanderliegende extreme Sprünge zwischen 0 und 90 Prozent Durchlässigkeit auf. Dadurch kann Wärme etwas höherer Temperaturen in die Brutzellen hinein, die etwas niedrigere Temperatur aber nicht mehr hinaus. Es entsteht ein Treibhauseffekt, die Wärme bleibt gefangen.

Literatur
Kleinhenz M, Bujok B, Fuchs S , Tautz,J. (2003) Hot bees in empty cells – broodnest heating from within. Journal of Experimental Biology 206: 4217-4231
Bujok,B., Kleinhenz,M., Fuchs,S & J.Tautz: Hot spots in the bee hive. Naturwissenschaften 89, 299-301, 2002.

Grundlage für diesen Beitrag:
Tautz, J: Die Erforschung der Bienenwelt. Neue Daten – neues Wissen. Klett MINT Verlag 2015
Kleinhenz, M. (2008): Die Wärmeübertragung im Brutbereich der Honigbiene (Apis mellifera). Dissertation Universität Würzburg.

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