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Bienenexperte Prof. Dr. Tautz mit Biene auf Hand

Das Bienensterben – Gedanken über ein komplexes Problem

Bienenvölker vermehren sich durch Zweiteilung, sie bilden Schwärme. Das macht sie unter optimalen Bedingungen im Prinzip unsterblich. In der Realität sterben die Völker aber an einer Reihe natürlicher Faktoren, lange bevor der Mensch in das Leben und die Umwelt der Bienen eingegriffen hat: Der Tod der Königin bedeutet für ein zu diesem Zeitpunkt brutlosem Volk das Ende.

Durch Krankheiten, Parasiten und Naturkatastrophen wie Waldbrände gehen Bienenvölker zugrunde. Schätzungen, dass dies jährlich im Durchschnitt etwa 10% einer Bienenpopulation betrifft, erscheinen realistisch.

Warum dann die nicht verstummende Sorge um das sogenannte Bienensterben?

Jürgen Tautz
Bienenexperte und bee careful Kooperationspartner Prof. Dr. Tautz

Bienenvölker in Obhut des Menschen weisen an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten z.T. erheblich höhere Verlustraten auf, als natürlicherweise zu erwarten wären. Das macht Sorge und macht es nötig, einer bedenklichen Entwicklung Einhalt zu gebieten. Ursachenforschung ist unumgänglich, um gegensteuern zu können.
Eine solche zeit-, geld- und personalintensive Arbeit ist überflüssig, wenn die Bienenkiller „auf frischer Tat“ ertappt werden können. Klar erkennbare Bienenmörder, wie die Varroamilbe erfordern keine mühsame Ursachenforschung und Diskussionen. Ebenso wenig bienenspezifische Krankheiten, wie die amerikanische Faulbrut, oder Vergiftungen durch Agrochemikalien.
Deutlich schwieriger wird die Lage, wenn der Frage nachgegangen werden soll, welche Einzelfaktoren einem Bienenvolk unterschwellig (subletal) zusetzen, ohne das Bienenvolk direkt zu töten. Die Klärungen subletaler Effekte sind aber wichtig, da sich deren Wirkungen gegenseitig hochschaukeln könnten. Wenn es darum geht, derartige gegenseitige Beeinflussungen subletaler Effekte aufzuklären, wird das Problemfeld um Klassen komplexer.

Nahezu gigantisch wird eine solche Aufgabe dann, wenn man die in der Natur des BIEN (Superorganismus des Bienenvolkes) angelegte genetische Vielfalt innerhalb und zwischen eines Bienenvolkes in ein umfassendes Forschungsprogramm einbeziehen möchte. Dabei müssen außerdem die unterschiedlichen Veranlagungen der Völker berücksichtigt werden, auf über- und unterschwellige Stressoren zu reagieren.
Doch damit nicht genug. Im Bienenvolk finden sich mit Arbeiterinnen, Drohnen und Königin unterschiedliche Wesen, die alle die Entwicklungsstadien Larven und Puppen durchlaufen. Jedes Stadium ist unterschiedlich empfindlich. Und es könnte sein, dass die Arbeiterinnen alters- oder tätigkeitsabhängig unterschiedlich auf eine Belastung durch Stressoren reagieren.

Und das Forschungsprogramm lässt sich weiter steigern, wenn man sich der Frage zuwendet, was eigentlich soll man am BIEN oder an der Einzelbiene messen oder registrieren, um den Zustand eines Bienenvolkes beurteilen und Vorhersagen auf dessen weitere Entwicklung machen zu können?
Fragen über Fragen, deren Beantwortung ein Forschungsprogramm auf sehr breiter Basis erfordert.
In dieser Richtung gibt es sehr ehrgeizige vielversprechende Ansätze. Das Projekt smartbees unter der Leitung von Prof. K. Bienefeld und das Projekt COLOSS unter der Leitung von Prof. P. Neumann sind zwei derartige Großprojekte.

Informationen und Einsichten, die aus diesen und weiteren Projekten resultieren, bleiben aber lediglich von akademischem Wert, wenn die sich daraus ergebenden Handlungsvorschläge folgenlos verpuffen.

Angesicht der hier skizzierten Komplexität der Probleme rund um die Gesundheit der Honigbienen wird deutlich, dass eine umfassende und nachhaltige Lösung nur möglich sein wird, wenn alle relevanten Gruppierungen mit gegenseitigem Respekt zusammenarbeiten.

Auch die Initiative bee careful hat es sich zum Ziel gesetzt, die Bienengesundheit zu verbessern und die Bienenpopulation zu steigern. Gemeinsam setzen wir uns dafür ein, Informationen rund um den Themenkomplex Biene für jeden frei verfügbar zu machen, um interessierte Menschen so für die Bedeutung der Honigbiene zu sensibilisieren.

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