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beeMOOC – Ein Onlinekurs über naturnahe Bienenhaltung

Imkern in Onlinekursen lernen? Das klingt – besonders für erfahrene Imker*innen – zunächst befremdlich. Es ist aber möglich. Beatrice Winkler und Joachim Sucker haben erst kürzlich beemooc.de, den Onlinekurs für naturnahe Bienenhaltung ins Leben, beziehungsweise ins Internet, gerufen. Auf der Website können sich alle, die sich über eine naturnahe Imkerei informieren wollen, einen kostenfreien Überblick verschaffen. Wir haben nachgefragt, was genau die Gründer*innen dazu bewegt hat und welche Inhalte sie genau vermitteln wollen.

Joachim Sucker (Bild: Mitte auf dem Sofa) gehört zu den Initiatoren des Onlinekurses über naturnahe Bienenhaltung namens beeMOOC. Im folgenden Interview stand er uns Rede und Antwort zur Idee hinter dem Online-Angebot.

1. bee careful: Was sind die wesentlichen Aspekte der naturnahen Bienenhaltung?

Joachim Sucker: Naturnahe Bienenhaltung ist nicht weiter definiert. Wir haben den Begriff gewählt, weil er mehrere Konzepte ermöglicht. Er beschreibt eine Bienenhaltung, die sich am Wohl der Bienen orientiert. Um für Imker-Neulinge einen Überblick zu schaffen, haben wir uns auf zwei Konzepte beschränkt.

Die wesensgemäße Bienenhaltung will mit einem Kriterienkatalog einen Rahmen abstecken. Die Bienen bauen hier grundsätzlich eigene Waben. Es soll keine Königinnenzucht betrieben werden, sondern eine Besamung in der Natur vor Ort durchgeführt werden. Zur Behandlung gegen die Varroamilbe dürfen nur wenige chemische Produkte eingesetzt werden. Die Bienenbehausungen sollen aus Naturmaterialien gefertigt sein, und im Idealfall sollen die Bienen auf dem eigenen Honig überwintern. Das Ziel ist es, mit schonenden Eingriffen die Bienen gesund zu halten und Honig zu erzeugen.

Für die artgerechte Bienenhaltung hat Torben Schiffer eine Definition vorgelegt: Bienen sollen sich nach den eigenen Bedürfnissen entwickeln können, nach Möglichkeit ohne menschliche Eingriffe. Voraussetzung dafür sind artgerechte Behausungen, also Baumhöhlen oder Baumhöhlenimitationen. Die Bienen werden hier nicht als Nutztier für die Honigproduktion eingesetzt. Dahinter steht die Hoffnung, den natürlichen Genpool zu erhalten und so einen Teil zur Rettung der Spezies beizutragen. Hier werden also Bienen ihrer selbst willen gehalten.

Diese beiden Haltungsarten sind allerdings nicht die einzigen. Natürlich gibt es noch viele weitere Konzepte der naturnahen Bienenhaltung.

2. Und wie interpretiert ihr als beeMOOC-Initiatoren diesen Ansatz?

Unser Konzept hatte zu Beginn den Titel „wesensgemäße Bienenhaltung“. Hier haben wir uns an der Expertise von Mellifera e. V. orientiert. Im Laufe der Recherche trafen wir aber Torben Schiffer, der mit dem Ansatz der artgerechten Haltung vielen Anfänger*innen aus dem Herzen spricht. Als Orientierung scheint uns diese Erweiterung wichtig. Grundsätzlich ist das Thema aber recht kompliziert. Favorisieren die einen die schonende Haltung, lehnen andere menschliche Manipulationen grundsätzlich ab. Da es für die konventionelle Imkerei tausende Experten gibt, kann unser Ansatz als eine Erweiterung verstanden werden. Die naturnahe Bienenhaltung kommt dem Wunsch jüngerer Menschen nach einem Naturschutzansatz nach. Dieses Feedback bekommen wir auch zunehmend aus den Imkervereinen.

3. Seid ihr selber auch professionelle Imker*innen?

Nein, auf keinen Fall. Unser Bildungsansatz macht das auch nicht nötig. Als Anfänger kann ich mich gut in die Fragestellungen von anderen Anfänger*innen hineinversetzen. Die Experten sollen dann mögliche Antworten liefern. So ist das Projekt aufgebaut. Hilfreich sind dabei natürlich eigene Erfahrungen.
Claudia ist erfahrene Imkerin und bringt neben der Arbeit in einer Volkshochschule auch die Erfahrung als Vereinsvorsitzende eines Imkervereins mit. Sie hat uns inhaltlich begleitet.

Ich bin seit vier Jahren Bienenhalter und bezeichne mich als Anfänger. Nach einem Kurs im Imkerverein suchte ich mir im Web neue Konzepte. Diese mühselige Recherchearbeit wollte ich anderen Interessierten vereinfachen. Nina, Mark, Beatrice und mich eint ein großer Erfahrungsschatz in der Erwachsenenbildung, speziell auch mit digitaler Unterstützung.

4. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, einen MOOC, also einen Massive Open Online Course, zu dem Thema zu entwickeln?

Naturnahe Bienenhaltung sollte aus der Nische heraus einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden. Alle im Team kommen aus der Volkshochschularbeit. An über 100 Volkshochschulen wurde der beeMOOC ins Programmheft und auf die Internetseiten genommen. Damit haben wir bereits eine sehr große Verbreitung von Flensburg bis Wien.

Ein Massive Open Online Course stellt hierbei eine gute Plattform dar. Es können nach oben beliebig viele Menschen dabei sein. Von überall, auf allen internetfähigen Endgeräten kann auf den Inhalt zugegriffen werden. Ein weiteres Plus ist die zeitliche Flexibilität. Jeder kann im eigenen Tempo zu freien Zeiten das Angebot wahrnehmen.

Die Teammitglieder haben mit MOOCs auch schon einige Erfahrungen gesammelt und das klassische MOOC-Konzept um die MOOCbars erweitert. Das sind Treffen, die vor Ort stattfinden und über eine Webkonferenz miteinander verbunden sind. Diese MOOCbars haben wir in den vier Wochen nach der Freischaltung im Web einmal wöchentlich angeboten. Leider war die Umsetzung dieses Jahr durch die Corona-Pandemie schwer bis unmöglich.

5. Warum bietet ihr diesen Kurs kostenfrei an?

Um die Einstiegshürde möglichst gering zu halten. Für etwas zu bezahlen, was ich nicht kenne, fällt schwer. Und MOOCs sind unbekannt. Wir wollten es anders machen. Wer den Kurs gut findet, kann uns etwas spenden. Und wir waren uns sicher, dass der beeMOOC so gut wird, dass die User und Volkshochschulen das honorieren. Auch das ist ein Signal, dass wir es ernst meinen und der beeMOOC ein Herzensprojekt ist.

6. Was können Interessierte hier lernen, was gängige Imkerkurse nicht vermitteln?

Wir verstehen den beeMOOC als Orientierung, bevor ein Kurs besucht wird. Wer sich für einen Kurs anmeldet, entscheidet sich damit schon recht früh für ein Konzept, ohne mögliche Alternativen zu kennen. Entscheidend für die Wahl ist die eigene Haltung zu Bienen. Will ich viel Honig ernten oder möchte ich mich mehr an den Bienen erfreuen und nachhaltige Konzepte verfolgen?

Unser beeMOOC ist in 10 Kapitel gegliedert: Wir starten mit einem Beitrag zum Wesen der Bienen und den daraus folgenden Konzepten. Anschließend zeigen wir Expertenvideos zum Ablauf eines Bienenjahres und welchen Einfluss die Bienenbehausung für die Bienen hat. Darüber hinaus liefern wir Input zur Bienengesundheit, zur Honiggewinnung und zu Pflichten und Kosten in der Bienenhaltung. Unser Kapitel zur digitalen Beobachtung unserer Bienenstöcke wird aktuell mit einem kleinen Zusatzkurs erweitert. Natürlich sprechen wir im Rahmen unserer Kurse auch über Wildbienen und was wir für deren Erhaltung tun können.

Wir verstehen uns also nicht als Alternative zu einem Imkerkurs, sondern als vorgeschaltete Wissenserweiterung, da die naturnahe Bienenhaltung noch nicht so verbreitet ist.

7. Habt ihr eine Vision für euer Projekt?

Wir wollen naturnaher Bienenhaltung als Beitrag zum Natur- und Artenschutz eine Plattform zu bieten, die möglichst viele Interessierte erreicht. Außerdem wollen wir Verbindungen zwischen Menschen, die sich für naturnahe Bienenhaltung interessieren, und geeigneten Gruppen schaffen. Das klappt bisher sehr gut, da wir davon profitieren, dass Vereine wie Mellifera e. V. und Stadtbienen e. V. viele Regionalgruppen am Start haben. Über 2.500 Teilnehmer*innen entwickeln auch eigene Netzwerke zum Erfahrungsaustausch. Übergeordnet wollen wir mit unserem Projekt aber auch Menschen inspirieren, mit ihren Themen in ähnlicher Form in die Öffentlichkeit zu treten.

8. Was waren die Herausforderungen, die euch während der Gründung begegnet sind?

Oh, es gab einige Stolpersteine. Ein digitales Angebot war vor der Corona-Pandemie in Imker- und Bienenkreisen geradezu anrüchig. Die allgemeine Meinung war: „Über Bienen kann man doch nur am Bienenstand etwas lernen!“ Diese Haltung schlug uns oft entgegen. So mancher Experte hat sich daher schon, bevor er uns richtig kannte, abgewendet. Bei anderen haben wir erfolgreiche Überzeugungsarbeit geleistet.

Im Vorfeld haben wir sehr viel über soziale Medien mit Bienengruppen kommuniziert. Wir haben neun Monate zugehört und gefragt. Die Debatten werden oft recht kontrovers und verbittert geführt. Da hatten wir schon etwas Bedenken, zwischen die Mühlsteine zu geraten. Aus diesen Erfahrungen heraus haben wir das Konzept optimiert. Das hat sich wirklich gelohnt. Irgendwann war es aber so weit, und wir mussten ins kalte Wasser springen.

9. An welches positive Erlebnis mit dem beeMOOC denkt ihr ganz besonders gern zurück?

An die wirklich sachlichen Diskussionen von Menschen, die unterschiedlicher Meinung sind. Die Bienen standen im Vordergrund. Das ist in sozialen Medien eher eine seltene „Harmonie“ im Dissens. Wir freuen uns außerdem über den tollen Zuspruch: über 40.000 Besucher*innen und über 100.000 Seitenaufrufe, auf unserer Informationsseite. Mehr als 2.500 Anmeldungen zum Kurs, 33.000 Aufrufe auf unserem YouTube-Kanal und eine rege Facebook-Gruppe. Das gibt uns reichlich Motivation weiterzumachen.

10. Wie können sich Bienenfreunde bei euch engagieren?

Da gibt es viele Möglichkeiten. Besonders freuen wir uns zum Beispiel über:

  • Erfahrungsberichte aus der naturnahen Bienenhaltung. Fotos, Videos und Erfahrungsberichte – all das integrieren wir gerne!
  • Den Einsatz unserer Videos in die eigene Ausbildungsarbeit. Unser Material kann frei genutzt werden.
  • Über weitere Expert*innen, die wir im beeMOOC zu Wort kommen lassen.
  • Ganz klar: über Spenden.
  • Über Sponsoren, die sich zur naturnahen Bienenhaltung bekennen.

Wer sich nun noch intensiver über das Online-Angebot beeMOOC informieren möchte, gelangt hier zur Website.

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