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Brandschutz bei den Honigbienen

Wildlebende Honigbienen zählten ursprünglich zu den Waldinsekten und sind in ihrer natürlichen Umgebung einer Reihe von Gefahren ausgesetzt. Im Laufe der Evolution haben sie dagegen sehr ausgeklügelte Abwehrmechanismen entwickelt. Je regelmäßiger und zuverlässiger eine Gefahr auftritt, desto gewichtiger und folgenreicher sind diese Ereignisse als Selektionsfaktoren.

Jürgen Tautz
Bienenexperte und bee careful Kooperationspartner Prof. Dr. Tautz

Sogenannte biotische Selektionsfaktoren betreffen Beziehungen zwischen Lebewesen. Ein Beispiel: Gegen Räuber, wie Wespen und Hornissen sind die Bienen im Freiland chancenlos. Dringt aber solch ein Räuber in das Bienennest ein, dreht sich die Situation um. Nun setzen die Bienen ihre Fähigkeit ein, mit ihrer Flugmuskulatur ihre eigene Körperwärme zu erhöhen. Diese ist so hoch ist, dass von aufgeheizten Bienen eingehüllte Wespen den Hitzetod sterben.

Abiotische Selektionsfaktoren, die zweite große Gruppe an Selektionseinflüssen, betreffen Einflüsse durch Klima, Bodenbeschaffenheit oder die Verfügbarkeit von Wasser. Ein dramatischer Selektionsfaktor gerade in Wäldern ist Feuer. Natürlicherweise ausgelöste Waldbrände sind eine so regelmäßige Erscheinung, dass sie als Selektionsfaktoren auch auf die Honigbienen eingewirkt haben. Honigbienen sind gegenüber Feuer nicht wehrlos.

Es gibt wohl kein bekannteres Imkerutensil als die Imkerpfeife. Auch wer überhaupt nichts mit Bienen am Hut hat, weiß in der Regel doch: Imker blasen nach dem Öffnen eines Bienenstockes Rauch über ihre Bienen, da es die Bienen beruhigen soll. Und tatsächlich pumpen sich die Arbeiterinnen mit Honig voll und ziehen sich in die Wabengassen tief im Nest zurück, wenn sie mit den Sinneszellen ihrer Fühler auf Rauch stoßen.

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Eine Kolonie der afrikanischen Honigbiene Apis mellifera capensis hat den kompletten Eingang zu einer Felshöhle, in denen in Ermangelung von Bäumen genistet wird, mit einer dicken Propoliswand verschlossen. Nur wenige Durchlässe wurden eingerichtet

Wieso reagieren die Bienen so?

Als Erklärung wird in der Literatur durchweg mitgeteilt, die Bienen bereiten sich durch die Honigaufnahme auf die Flucht vor. Sie wären sozusagen in „Habachtstellung“, um jederzeit das Nest verlassen zu können. Das ist bei näherer Überlegung allerdings nur schwer nachzuvollziehen. Wer mit Sicherheit nicht an einer Flucht teilnehmen könnte, wäre die Königin. Sie ist mit ihren voll ausgebildeten Ovarien, ihren Eierstöcken, nicht flugfähig. Fliegen kann sie erst wieder nach einer längeren “Abspeckperiode”, die auch vor einem regulär vorbereiteten Schwarmauszug stattfindet. Ohne Königin und ohne Brut wäre ein geflohenes Bienenvolk mit tödlicher Sicherheit am Ende. Und tatsächlich ist kein Fall wissenschaftlich belegt, in dem ein Auszug eines Bienenvolkes bei Feuer beobachtet worden wäre. Dagegen gibt es nicht wenige Berichte über das tragische Verbrennen ganzer Bienenvölker, wenn im Wald aufgestellte Bienenbeuten bei Waldbränden vom Feuer erfasst wurden.

Das Bienenverhalten bei Rauchentwicklung hat aber möglicherweise physikalische Gründe. Vielleicht erfolgt die Erwärmung der Bienen durch Hitze von außen langsamer, wenn sie Körperfläche und -volumen durch die Honigaufnahme vergrößern. So könnten ein schnell durchziehender Brand in der Höhe eines Baumes, wo die Brandtemperaturen ohnehin niedriger sind als am Boden, überlebt werden – mitsamt der Königin, die durch die Körper der Arbeiterinnen geschützt wäre. Es wäre spannend zu untersuchen, welche thermophysikalischen Effekte der einzelnen Bienenkörper damit verbunden sind, wenn die Honigblase der Bienen maximal mit Honig gefüllt wird. Es ist vorstellbar, dass dadurch die sogenannte Wärmekapazität der Bienen vergrößert wird. Das hätte zur Folge, dass bei geringerer Erhöhung der Körpertemperatur eine größere Wärmemenge aufgenommen werden könnte. Forschungen und Messungen bei starker Hitzeentwicklung an natürlichen Baumhöhlen-Nestern können hier vielleicht Hinweise geben. Auch darüber, inwieweit die Propolisauflage auf den Innenwänden der Nesthöhle als „Brandschutz“ wirkt. In diese Richtung deuten Feuerschutzwände aus Propolis, mit denen afrikanische Honigbienen (Apis mellifera capensis) Felshöhlen bis auf wenige Durchlässe verschließen. So überleben die Bienenvölker auch ganz nahe am Boden nistend die Buschfeuer (Tribe et al., 2017). Doch eine endgültige Aussage kann erst nach weiteren Untersuchungen getroffen werden.

Literatur

Tribe, G., Tautz, J., Sternberg, K. & Cullinan, J.: Firewalls in bee nests—survival value of propolis walls of wild Cape honeybee (Apis mellifera capensis). Sci Nat (2017) 104:29, DOI 10.1007/s00114-017-1449-5

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