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Experiment mit Bienen

Tradition im Bienenvolk – Bienen lernen von Bienen

Das Lernvermögen der Honigbienen erstaunt, seit die Wissenschaft diese besondere Fähigkeit der Bienen erkannt und damit begonnen hat, diese zu erforschen.

Jürgen Tautz
Bienenexperte und bee careful Kooperationspartner Prof. Dr. Tautz

Bienen lernen schon nach wenigen Ausflügen aus dem Bienenstock dessen Umgebung kennen, Bienen können bereits nach wenigen Dressurrunden in einem Experiment Farben und Formen wiedererkennen. Bienen merken sich die Tageszeit, zu der es an einem bestimmten Ort Futter zu holen gibt. Bienen lernen bereits nach nur einer einzigen positiven Erfahrung, einen bestimmten Duft mit einer Belohnung durch Futter zu verbinden.

Lernen hilft Bienen, sich zurechtzufinden

Eine Erklärung für den Sinn dieser, für ein Insekt höchst ungewöhnlichen, Gehirnleistungen findet man in der Lebensweise der Bienen. Bienen haben eine feste Adresse. Wollen sie von kilometerweiten Ausflügen dorthin zurück, müssen sie einiges an Orientierungshilfen kennen. Zudem müssen sie, um blütenstet sammeln zu können, Tausende an Blüten unterscheiden können. Dies bewerkstelligen sie, indem sie als „Tabula rasa“, aber mit einer überragenden Lernfähigkeit, auf die Welt kommen. Blüten unterschiedlicher Pflanzen liefern zu unterschiedlichen Tageszeiten Nektar. Indem sich Bienen dies merken, können sie ihre Sammelflüge auch daraufhin optimieren.
Alle bisher aufgeführten Aspekte beschränken sich auf die Bienen als „Einzelkämpfer“. Das sind sie aber nicht. Seit Anbeginn der staatenbildenden Bienen gab es keine einzige Biene, die sich außerhalb der Gemeinschaft entwickelt und alleine gelebt hat. Diese beiden Punkte zusammengenommen, die außergewöhnlich hohe Lernfähigkeit und das ununterbrochene Zusammenleben mit den Mitgliedern der Kolonie, sollten ideale Voraussetzungen für die Weitergabe von Wissen zwischen den Bienen sein. So könnten Traditionen entstehen und aufrechterhalten werden.

Experiment mit Bienen
Eine Hummel lernt Futter zu sich heranzuziehen. Schauen andere Hummeln zu, lernen diese das Verhalten rascher. Bildautor: Olli Loukola

Verhalten wird imitiert – auch bei den Bienen

Dazu hatte Professor Martin Lindauer vor mehr als 50 Jahren eine genial angelegte Studie durchgeführt. Erstaunlicherweise hat es deren damals verfolgter Fragenkomplex in den darauf folgenden Jahrzehnten nicht in den Kreis wichtiger Forschungsfragen geschafft. Ein aktuelles Forschungsprojekt an Hummeln hat nun die Aufmerksamkeit bekommen, die auch die alte Arbeit von Herrn Lindauer hoch verdient gehabt hätte.
Zu den Studien von Herrn Lindauer: Herr Lindauer trainierte ein Bienenvolk darauf, dass eine Futterstelle zu einer sehr ungewöhnlichen Tageszeit zwischen 5 und 6 Uhr morgens am geöffnet wurde. Die Sammelbienen dieses Volkes lernten rasch und die Bienen besuchten die Futterstelle nur im antrainierten Zeitfenster. In diesem Volk gab es, wie im Sommer üblich, ein Brutnest mit verdeckelten Puppenzellen. Herr Lindauer kam auf den glänzenden Einfall, ein weiteres Bienenvolk auf einen anderen Futterplatzbesuch abzurichten, an dem es den ganzen Tag über etwas zu holen gab. Nun entnahm er dem ersten Volk verdeckelte Brut und bildete mit den frisch schlüpfenden Jungbienen ein neues Volk, dem nun den ganzen Tag Futter angeboten wurde.

Weitergabe von Wissen und Erfahrung – eine Tradition im Bienenvolk

Die spannende Frage: Wann sammeln die Jungbienen? Fliegen sie für ihre ersten Touren mit den Sammelbienen ihres neuen Volkes aus? Oder haben sie sogar als Puppen gelernt, zu welcher Tageszeit der Sammeleifer im Elternvolk hoch ist? Die Antwort: Diese Bienengruppe flog nicht mit ihren neuen Stockgenossinnen aus, sondern zum Zeitpunkt, an dem ihr Elternvolk aktiv war. Das Elternvolk, in dem sie als Puppen gelebt hatten, sammelte nur zwischen 5 und 6 Uhr und genauso waren überraschenderweise die aus diesem Volk stammenden Sammelbienen auch im neuen Volk aktiv. Das gleiche Phänomen zeigte sich, wenn das Elternvolk auf ein Zeitfenster zwischen 20 und 21 Uhr trainiert war. Dann sammelten die Bienen, die dies als Puppen erlebt hatten, auch um diese späte Tageszeit.
Die Fragen zum Imitieren von Verhalten bei staatenbildenden Insekten war nach einigen Jahrzehnten Durststrecke auch Gegenstand eines Forschungsprojekts einer Gruppe von Wissenschaftler rund um Lars Chittka und Olli Loukola in London. Hummeln mussten lernen, an einem dünnen Bindfaden ein Schälchen mit Futter zu sich heranzuziehen, um das Zuckerwasser trinken zu können. Dabei wurde auch untersucht, wie rasch Hummeln diese Aufgabe lösen konnten, wenn sie vorher erfolgreich handelnden Hummeln zuschauen konnten. Es zeigte sich, dass vorheriges Beobachten der Handlung den Lernerfolg deutlich verbesserte.

Dazu Lars Chittka wörtlich: “We already know that bumblebees can copy from one another which flowers to visit – so for example, a naïve individual seeing other bumblebees foraging from yellow flowers, even from a distance, will subsequently prefer yellow flowers also. Here we were concerned with a technique that lies outside the range of challenges encountered by bees in their natural foraging environment, and with its cultural spread, neither of which have been explored before. We do know about very impressive cognitive abilities in honeybees (e.g. counting, recognising human faces, simple spatial concepts) and some social wasps, which can recognise individual faces of other wasps in their colonies).”

Hummeln haben in diesem Experiment von Hummeln gelernt, ebenso wie in dem lange zurückliegenden Versuch von Herrn Lindauer Bienen von Bienen gelernt haben.

Literatur:

Martin Lindauer beschreibt sein Experiment als „Lindauer unpublished“ auf Seiten 138 und 139 in Hölldobler B, Lindauer M (1985) Fortschritte Zoologie 31
Alem S, Perry CJ, Zhu X, Loukola OJ, Ingraham T, Søvik E and Chittka L (2016) Associative Mechanisms Allow for Social Learning and Cultural Transmission of String Pulling in an Insect. PLoS Biol 14(10): e1002564. doi: 10.1371/journal.pbio.1002564

Bildautor: Olli Loukola

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